Bei der sogenannten Annakapelle an der Annabrücke in Saager handelt es sich eigentlich um einen Laubenbildstock mit einem vorspringenden Satteldach, das auf seitlichen Säulen aufliegt. Zeitgleich mit dem Bau der Annabrücke durch den Bauern Jakob Stuller vulgo Wurnig errichtet, besaß der Bildstock ursprünglich ein Ölbild mit der Darstellung der hl. Anna, der Schutzpatronin der Brücke, welches in den 1970-er Jahren aus dem Bildstock gestohlen wurde. Um das Jahr 1980 wurde der Bildstock komplett neu aufgemauert und eingedeckt. Die aktuellen Malereien stammen vom niederländische Maler William P. Doornbos. Diese gehen allerdings nicht wie am Bildstock versehentlich angegeben auf das Jahr 1979 zurück, sondern entstanden erst 1997. Bei der Annakapelle erfolgt alljährlich die österliche Speisensegnung.
Wegen des unberechenbaren Flußverlaufes und der häufigen Hochwasser blieb die Anzahl der Draubrücken in Kärnten bis ins 19. Jh. sehr klein. Zwischen der schon 878 genannten Villacher und der erst nach 1200 erbauten Völkermarkter Brücke gab es bis gegen 1800 nur noch die Rosegger und Hollenburger Brücke. Erst gegen 1800 ließ die Bezirksobrigkeit Sonnegg eine neue Brücke über die Drau zwischen Stein und St. Kanzian errichten. Der kürzeste Weg von Klagenfurt ins slowenische Vellachtal und auf den Seeberg aber führte zwischen Grafenstein und Möchling durch einen dichten Auengürtel. Zumindest seit der Spätantike muss es in diesem Gebiet schon einen Übergang gegeben haben. Seit 1289 sind hier eine bzw. zeitweise sogar zwei Überfuhren nachweisbar, die sich in den Händen des Stiftes St. Paul i. Lavanttal befanden. Mit der Säkularisierung gelangte die Überfuhr in private Hände und verwahrloste zusehends.
Der Auengürtel bei Möchling brachte wegen regelmäßiger Überschwemmungen und Laufveränderungen des Flusses große Probleme mit sich und führte
zu dauernden massiven Beschwerden über die Unzuverlässlichkeit und Gefährlichkeit der Möchlinger Überfuhr. Das Fazit war in den 20-Jahren des 19. Jhs. eine nur tagsüber vom Frühjahr bis in den Herbst hinein betriebene Fähre, die bei Überschwemmungen ihren Betrieb einstellte und danach oft an anderen nicht weniger gefährlichen Landestellen wieder von vorne begann. Schließlich nahm ein einfacher Bauer aus Oberseeland am Seeberg (heute slowenisches Staatsgebiet) namens Jakob Stuller vulgo Wurnig spätestens 1832 Kontakt mit dem Klagenfurter Kreisamt auf und unterbreitete die Möglichkeit eines Brückenbaues, anstelle einer Überfuhr. Am 11. Juli 1833 verglich sich Stuller mit der Herrschaft Saager wegen der Errichtung eines Wirtshauses am linksseitigen Drauufer, und am 1. Nov. reichte er sein Gesuch um Einhebung einer Brückenmaut ein, denn die Brücke sollte von ihm allein auf eigenes Risiko erbaut und betrieben werden. Am 7. Oktober 1836 war die Brücke schließlich fertiggestellt. Sie erhielt den Namen Annabrücke. Namensgebend war die dem Schloss Saager benachbarte Filialkirche St. Anna. Bereits 1839 verkaufte Jakob Stuller die Brücke dem Ignaz Presterl. Dieser erwarb gleich nach dem Brückenkauf die Podließnigkeusche (Saager 29) nördlich derselben, auf deren Gründen er Wohn- und Wirtschaftsgebäude errichten ließ. Der Name der Podließnigkeusche wurde gelöscht und der an der Drau entstandene Gebäudekomplex als Annabrückenrealität benannt. Mit dem Tod Presterls 1858 begannen längerfristige Erbstreitigkeiten. Sein Sohn Simon stand auf finanziell schwachen Beinen und da er seiner Aufgabe nicht gewachsen war, verpachtete er die Maut dem V. Merlitsch aus Radsberg. Im September 1872 veranlasste der Klagenfurter Bezirkshauptmann die Sperre der Brücke aufgrund gefährlicher Unterwaschungen im ersten Brückenjoch, da alle Appelle an Presterle zur Beseitigung derselben nichts gefruchtet hatten. Die Fuhrleute allerdings, die Kalk von den Kalköfen um Gallizien auf die Baustellen nach Klagenfurt lieferten, entfernten widerrechtlich die Sperrschranken und benützten weiterhin die Brücke.
Schließlich verfügte die Obrigkeit im Oktober 1872 die Zwangsverwaltung der Annabrücke und aufgrund der völligen Verschuldung Presterls schließlich die Zwangsversteigerung der gesamten Annabrückenrealität 1873. Da die Einnahmen durch die Maut immer mehr zurückgingen, konzentrierten sich die neuen Eigentümer - Bartholomäus Schmautzer und seine Erben - immer mehr auf den Wirtshausbetrieb, der zur Existenzgrundlage wurde. 1886 starb Schmautzer und hinterließ seinem Stiefsohn Anton Placeriano, der sich später auch Schmautzer nannte, ein geordnetes Erbe. Dieser ließ beim Gasthaus einen eindrucksvollen Tanzsaal nahe der Brücke errichten, der noch heute besteht. Am 27. Juli 1894 veranstaltete er dort seinen ersten Annenkirchtag, der ein großes gesellschaftliches Ereignis wurde und dessen Tradition sich bis heute erhalten hat. Anton Schmautzer verkaufte die Brücke schließlich im Jahr 1909 an das Land Kärnten, nachdem sich diese 73 Jahre in Privatbesitz befunden hatte.
Die Brücke war bis 1916 eine reine Holzkonstruktion. In diesem Jahr wurde durch das Militär und Kriegsgefangene ein Neubau durchgeführt, wobei man erstmals Eisenträger einzog. 1942 wurde das am meisten gefährdete Holzjoch durch eines aus Stahlbeton ersetzt. 1960-61 ließ man die Brücke, da man in ihrem Einzugsbereich ein Draukraftwerke plante als „Dauerbehelfsbrücke“ mit Betonunterbau, aber teilweise noch hölzernem Oberbau neu errichten. Erst 1974–76 wurde sie als Stahlbetonkonstruktion völlig neu etwas flußabwärts und gegenüber dem Wirtshausgebäude leicht erhöht angelegt.
Während des Kärntner Abwehrkampfes war die Annabrücke als strategisch bedeutender Punkt wiederholt Schauplatz von Kampfhandlungen und wurde schwer beschädigt und die Annabrückenmaut nach 1918 nicht mehr wiederbelebt. Karl Schmautzer konnte den Weg seines Vaters nicht mehr fortsetzen und musste in den 1930-er Jahren den Ausgleich anmelden. Bei der Zwangsversteigerung erhielt August Nußbaumer den Zuschlag und im Besitz seiner Nachfahren befindet sich die Annabrückenrealität mit dem Gasthaus und der Annakapelle bis heute.
Quelle:
Deuer, Wilhelm: Zur Geschichte der Annabrücke bei Saager, Carinthia I, 1986, S. 331 – 359.
Die Bildstocknische zeigt eine Darstellung der hl. Familie, im Giebel befindet sich die Aufschrift "Annakapelle" umgeben von einem Blumenmuster. Die Seitenflächen zieren gemalte Fenster und ein Kreuz an der Rückseite.
Grafenstein
Der Bildstock steht leicht erhöht beim Gasthaus Annabrücke in Saager.
Saager 37
9131 Grafenstein
1836
William P. Doornbos
Fam. Nußbaumer
Kategorie | Bildstöcke / Wegkreuze |
Gemeinde | Grafenstein |
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